
Weinstube Franz Fritz. Mehr Konstanz geht nicht.
Nach dem ältesten Pub in Konstanz, dem Old Mary’s, der Bierboutique Konstanz, dem Curry Konstanz und der Heimat gehen wir heute mal wieder zurück in ganz, ganz, ganz alte Tage: War es bei der Bierboutique noch ein Haus aus dem Jahr 1620, so datieren wir jetzt zurück bis in Zeit um das Jahr 700(!).
Herzlich Willkommen in der Weinstube Franz Fritz, oder auch Weinkellerei Niederburg. Mehr Konstanz geht nicht.
Bereits seit 1640 lebt Familie Fritz, der auch Andreas Fritz, aktueller Inhaber der Kellerei, angehört, in Konstanz. 1922 war es endlich soweit: Von seinem Großvater wurde damals die heutige Location übernommen, damals allerdings als Küfer (Der Küfer,auch Binder, Bender, Schäffler, Böttcher oder Büttner; in Österreich Fassbinder oder einfach Binder genannt, ist ein Handwerker, der Behälter und Gefäße, meist aus Holz, herstellt.).
Als nach dem zweiten Weltkrieg Kunststoff immer mehr Holz als am weitesten verbreitetes Material bei Weinfässern abgelöst hat, begann er zunächst, hin und wieder Most/Apfelwein auszuschenken. Nach und nach wuchs der neue Geschäftszweig, bis 1950 die Weinstube bereits zu ihrem heutigen Äußeren aus- und umgebaut wurde. Laut Andreas Fritz in ganz Baden-Württemberg übrigens das einzige Gebäude, in dem sich zwei Weinlokale gleichzeitig übereinander befinden.
Auf den Großvater folgte der Vater, und auf den Vater Tante und Onkel – Nach wie vor findet sich in der Weinkellerei Wein mit dem „Erika“ Label, der auf den Namen der Tante zurückgeht (Insgesamt war Erika über 40 Jahre in der Kellerei aktiv). Von ihr kaufte Andreas vor 31 Jahren das Haus. Lange stand zuvor im Raum, als Fernmeldetechniker zu arbeiten, doch letztendlich war die Familiengeschichte, die Liebe zum Wein und zur Geselligkeit doch größer. Seine Lehre hat er im Staatsweingut in Meeresburg absolviert. Genau wie vor 31 Jahren liebt er auch heute noch das Gespräch mit der Kundschaft. Wein- und Sektproben sind für ihn wie ein „Tanzkurs für Wein“, sie sind eher eine Berufung als einfache Arbeit.
Jürgen, der die dazugehörige Weinstube im oberen Stockwerk betreibt, hat diese erst im Jahr 2008 übernommen, als insgesamt drittes Lokal in seiner gastronomischen Laufbahn. Zuvor war er in Mainz und in Ürdingen, aber wollte doch immer gerne mal in Richtung Bodensee ziehen. Er ist gelernter Hotelfachmann, hat im Steigenberger gelernt und noch einen Betriebsfachwirt in Berlin draufgelegt. Schon ein Schritt, so von Berlin über Mainz nach Konstanz 😉. Wenn man die beiden so trifft, die tiefe Verwurzlung in der Gastronomie und eine totale innere Ruhe bemerken kann, kann man umso besser verstehen, wieso er (Wein-)Wirt geworden ist. Er sagt: „Die Gemütlichkeit in der Weinstube, das ist mir einfach am wichtigsten. Und Bier trinkt man einfach nebenher beim Renovieren.“.

Gemeinsam haben beide, die mehr als 400 Sorten Wein vor Ort anbieten, über die Jahre doch ein paar Änderungen festgestellt: Auch junge Leute interessieren sich heute mehr für Wein, als das früher der Fall war. Gerne gehen die Fragerunden nach einer Weinprobe auch mal etwas länger, und die Leute kommen allgemein eher später: Anders als heute gab es auch schon Zeiten, zu denen die Leute um 8 Uhr morgens in der Kellerei waren – inzwischen startet es eher gegen 11. Auf jeden Fall können Sie mit all ihrer Erfahrung die ein oder andere Geschichte über Wein erzählen. Wir freuen uns darauf, dort eine Weinprobe zu besuchen, und werden natürlich berichten.
Zum Abschluss noch zwei interessante Nebengeschichten, die man mal gehört haben sollte: Manfred, der ältere Herr, den Gäste häufig hinter dem Tresen in der Kellerei antreffen können, ist der letzte Lehrling des Großvaters, der ursprünglich mit dem Lokal angefangen hat. Er ist über 80 Jahre alt, hat noch das Küferhandwerk (Mehr dazu siehe hier) gelernt, und ist der Niederburg Zeit seines Lebens verbunden geblieben. Ich denke, wir haben schon einen guten Interviewpartner für die Kneipentour 2020 😉.
Zum Ende unseres Gesprächs haben wir Andreas und Jürgen gefragt, welche Geschichte ihnen aus der ganzen Zeit am meisten in Erinnerung geblieben ist. Erstaunlicherweise ist dieser gerade einmal zwei Jahre her: Im Gebäude gegenüber der Kellerei wohnte ein Pärchen, das sich zwei Schweine – Beefy und Taratzo – als Haustiere hielt. Die beiden schliefen in der Wohnung, hatten Kleidungsstücke und machten beim selbstständigen Gang zum Toilettenhäuschen sogar die Tür hinter sich zu, um sich nicht beobachtet zu fühlen. Eines Tages war ein Gast aus Norddeutschland zu Besuch, und nach dem Genuss von 2–3 Weinen wollte dieser sich ein bisschen die Füße vertreten. Schon nach wenigen Minuten kam er zurück in den Laden und meinte: „Ich glaube, ich habe Halluzinationen, und zu viel getrunken. Ich muss ins Bett. Ich habe gerade draußen jemanden mit einem riesigen Schwein an der Leine durch die Straße laufen sehen.“
Die Schweine sind inzwischen übrigens leider ausgezogen 😉.
Ganz ganz vielen Dank, dass ihr uns ein bisschen von eurer Zeit geschenkt habt. Bleibt so authentisch wie ihr seid! Wir kommen auf ein Gläschen wieder 😊.
Weinprobe:
Eine Besonderheit sind individuelle Wein- und Sektproben für Gruppen im mittelalterlichen Weinkeller zu Familienfesten, Jubiläen, geschäftlichen Anlässen etc. — auch in Kombination mit einer geschichtlichen Stadt — und Gastrotour mit dem Team der Kneipentour Konstanz.
Reservierung einfach während der Öffnungszeiten unter Tel. +49 (0)7531–21367.
Weinprobe im Hof
Jedes Jahr im Frühling laden Andreas und Jürgen zu einer außergewöhnlichen Weinprobe ein. In der stimmungsvollen Atmosphäre ihres Hofes (Konradigasse 12) können bei Kerzenschein ca. 60 Weine aus dem In- und Ausland verkostet werden, natürlich auch mit kleinen Leckereien dazu. Für diesen Abend laden sie die Winzer der beteiligten Weingüter ein, sodass Fragen von den Erzeugern selbst beantwortet werden. Auch hier: Für den genauen Termin einfach anrufen. Geheimtipp!