Die Kneipentour geht in ein neues Jahr, und bringt euch weiter alle Geschichten über die Bar- und Gastroszene in Konstanz mit. Ihr könnt uns glauben, soviele Geschichten wie es da zu erzählen gibt, hätten wir selbst nie und nimmer erwartet :). Mal gucken, wie viel von dem, was wir hier in den nächsten Monaten schreiben, ihr gedacht hättet :). Falls ihr mehr über unsere Aktion (Diese Kneipentour ist beileibe keine normale Kneipentour und für jung und alt gleichermaßen geeignet) wissen wollt und es noch nicht kennt, schaut euch einfach mal hier auf der Website um :). Unser Heft ist nicht-kommerziell und soll euch dazu bewegen, mal wieder rauszukommen! Die Aktion läuft bis zum 1.Juli.
Als Erstes in diesem Jahr wollen wir euch ein echtes Urgestein vorstellen: Das Old Mary’s English/Irish Pub mit dem möglicherweise liebenswertesten Wirte-Paar in Konstanz: Anne und Luigi Pesaro. 1980 eröffnet, war einer der ersten Stammgäste ein Student mit der Matrikelnummer 16 — heute sind wir bei über 800.000 angelangt. Oben seht ihr die beiden voll in Form und Farbe :). Zwei äußerst sympathische, lebenslustige Menschen, so haben wir sie im Interview kennengelernt. Aber wusstet ihr, dass Anne einen Summa Cum Laude Doktor in Biochemie hat? Und das Luigi durch völligen Zufall in Konstanz gelandet ist? Lest selbst.…
Weit gereist
Luigi, ein waschechter Italiener, geboren am Lago Maggiore, wollte ursprünglich in Italien nicht zum Militär. Die einzige Alternative hieß: Auswandern. Kurzerhand und nahezu nur mit seiner Vespa bewaffnet — wie könnte es anders sein — verließ er den Stiefel und machte sich auf den Weg nach Holland, immer in verschiedenen Bars und Lokalitäten in der Gastronomie arbeitend. So war das natürlich nicht geplant gewesen: Luigi ist ein echt selbstgelernter Wirt, eine Ausbildung wäre unter den damaligen Umständen kaum möglich gewesen. Auch durfte er durch die Verweigerung der Wehrpflicht rund 10 Jahre nicht nach Italien zurückkehren. Was laut ihm übrigens damals schon genauso gut ging wie heute: Mit Spaghetti & Pizza die Mädels von sich überzeugen ;).
Über Holland ging es schließlich nach Schweden, wo Luigi — der unter anderem Rentiere filetierte — nach einiger Zeit allerdings das Geld ausging. Heutzutage unvorstellbar, wurde damals vom Land recht einfach reagiert: Luigi wurde ein Zugticket nach Hamburg angeboten, wenn er für mindestens drei Jahre nicht zurückkehrt. Schon das zweite Land mit Einreiseverbot also ;). Kurzerhand nahm er das Angebot und sah sich auch schon im Zug nach Hamburg sitzen, von wo er — eine kurze Episode später — nach Wuppertal weiterzog.
Der erste Wirt der Arche
Kennt ihr die Schwebebahn in Wuppertal? Direkt daneben hat Luigi gewohnt, allerdings genau in einer Kurve. Nachdem die Bahn (die im Moment übrigens auch schon wieder seit einem Jahr nicht fährt) damals trotz allem noch nicht so fortschrittlich war wie heute, quietschte sie in einigen Kurven extrem laut. Und ja, natürlich, Luigi wohnte direkt daneben, in einer richtig kleinen Wohnung. Falls jemand von euch den Film Blues Brothers kennt — das Bild des Hotelzimmers könnt ihr vor Augen haben!
Wuppertal hielt Luigi für vier Jahre fest, bis zur Stahlkrise 1975. Da der Umsatz im Ruhrgebiet immer mehr zurück ging, folgte Luigi seinem damaligen Chef in eine touristenreichere Region: Dem Bodensee. Dort eröffnete er nach dem Tod seines Chefs zunächst für einige Jahre den Grill Room in der Bahnhofstraße. Es gab die ersten Hamburger in Konstanz, und auch die erste Pizza! Verrückt, oder? Inzwischen ist im gleichen Gebäude die Khi-Bar. Später übernahm er als erster Pächter die Arche in der Universität, in der heute das chinesische All-you-can-eat untergebracht ist. Vorher wurde aber bereits das Old Mary’s gegründet, beide liefen dann eine Weile zeitgleich. Dazwischen war Luigi auch noch im Bel‘Etage (jetzt K9) und im Pappillon (jetzt Laugele). Auf seine diversen Jobs angesprochen, lacht Luigi und antwortet: “Ah, ich bin immer irgendwo eingesprungen, ich habe immer gemacht, was Spaß macht!”
Doktor in Biochemie
Anne ist nicht ganz so weit gereist: Ursprünglich aus Offenburg, ist sie zum Studium nach Konstanz gekommen, und hat dort sowohl Diplom als auch Doktor äußerst erfolgreich beendet. Es kam, wie es kommen musste: In ihren letzten Jahren der Promotion hat sie Luigi in der Uni kennengelernt, nachdem dieser dort ja gerade am arbeiten war. Der Schwiegervater, echter Italien-Fan, war natürlich erst recht begeistert, als Luigi ihn zum ersten Mal auf eine Rundfahrt durch Italien mitgenommen hat :).
Nachdem Anne nicht so richtig motiviert war, in die Industrie zu wechseln, und auch weiterhin befristete Verträge in der Wissenschaft (Ist auch bei Doktoren so, ich spreche aus eigener Erfahrung 😉 ) keine wirkliche Option waren, kam natürlich nur eine Idee in Frage: Der erste englisch Pub in Konstanz. Das Old Mary’s. Guiness hatte damals zum ersten Mal den europäischen Markt für sich entdeckt und bereitwillig die Gründung von Pubs unterstützt — das Old Mary’s war damit übrigens auch der erste Ort in Konstanz, an dem man Guiness trinken konnte. Verrückt, oder? Inzwischen gibt es vermutlich kaum noch jemand in Deutschland, der es nicht kennt.
Eis & Dünnele
Zum Abschluss noch wissenswert: Anne stellt unglaublich leckeres und wirklich hausgemachtes, aus echten Zutaten hergestelltes Eis im Keller vom Old Mary’s her. Sie bietet außerdem auch Eis-Workshops an, bei denen natürlich so viel Eis wie möglich gegessen werden kann :D. Klare Empfehlung! Wir haben es selbst ausprobiert ;). Fragt einfach im Laden nach oder schreibt Ihnen über Facebook!
Unser Gutschein fürs Old Mary’s ist ein Dünnele oder eine Pizza for free: Dünnele, die badische Version eines Flammkuchens, haben Anne und Luigi wieder aufleben lassen. Auch das eine klare Empfehlung!
Das Old Mary’s ist ein uriger Ort, ausgestattet mit diversen Elementen von vieeeeelen Flohmarktbesuchen. Man kann wirklich sehen, wieviel Liebe und Professionalität über die Jahre in die Location geflossen ist, und mit wieviel Herzblut im und am Pub gearbeitet wird. Natürlich gibt es noch viel mehr Geschichten zu erzählen, aber ein bisschen müssen wir ja für die nächsten Jahre noch aufsparen ;). Wir können nur sagen:
So schön, euch bei der Kneipentour dabei zu haben! Macht weiter so, und bleibt genauso authentisch wie ihr seid :).