Wir gehen zurück ins Jahr 2008. Die westliche Welt schlittert in eine Finanzkrise, Barack Obama wird US-Präsident. Und in Konstanz? Passiert wahrlich unglaubliches: Ein Schwabe und ein Badener gründen gemeinsam ein Restaurant, und durchleben gemeinsam ein nahezu unglaubliches Auf und Ab. Also, wer sind die Beiden, wer sind Jens und Matze?
Das Studium hat die beiden nach Konstanz gebracht, wo sie zwar beide an der HTWG immatrikuliert waren, sich aber noch nicht kannten. Das kam durch die gemeinsame Tätigkeit in „Der Cocktailbar“, der Vorgängerin des heutigen Blauen Engels. Auch dort waren sie aber „nur Arbeitskollegen“, bis eines Tages ein befreundeter Anwalt aus Konstanz auf das leerstehende „DOM“ hinwies, das schon lange ein Restaurant, früher aber auch mal eine Brauerei und ein Hotel war. Der Name kommt von einer noch früheren Zeit als Dom-Herrenstift St. Johann. Besagter Anwalt fragte nur: „Wollt ihr das nicht machen?“. Jens und Matze meinten: „Ja!“
Spontan
Wie der Start verlief, möchte ich am liebsten direkt zitieren: „Wir hatten kein Geld, keine Ahnung, haben die Ablöse in Raten gezahlt…wir haben den Pachtvertrag wirklich einfach so unterschrieben, ohne groß darüber nachzudenken.“ Das Studium war und wurde abgebrochen, und auf einmal lag der gesamte Lebensmittelpunkt in der Gastronomie, zu der beide vorher keine Berührungspunkte als den gemeinsamen Aushilfsjob hatten. Und Geld war wirklich keins vorhanden: Die ersten Möbel aus dem DOM kamen vom Sperrmüll, und reichten nicht für die ganze Location: Je nach Wetter und Uhrzeit wurde das halbe Interieur rein und raus getragen, es gab Tische aus Pappe, die im Regen aufweichten. Das einzige, wenige Startkapital liehen die Eltern, sodass zumindest erste Getränke gekauft werden konnten. Und die Zutaten für eine gewaltige Auswahl an Speisen: Zunächst gab es ausschließlich Gemüsesticks und Hackbällchen.
Aber so zu starten, wäre ja fast zu einfach. Das Geld reichte nur für Ware für einen Abend. Kein Lieferant wollte für unter 200€ liefern, weshalb nach dem Mittagsgeschäft der Weg zum Edeka angetreten wurde, um mit dem bisherigen Tagesumsatz Ware für das Abendgeschäft zu organisieren. Es gab keinen Kühlschrank, alle Getränke mussten aus dem Kühlhaus im Keller raufgetragen werden. Die alte Küche im Gebäude war fast vollständig defekt und morsch, es gab nicht einmal ein zuverlässig nutzbares Regal. Während die beiden alles alleine betrieben, also vom Service schnell in die Küche rennen, von dort ins Kühlhaus, mal eben ausschenken, und zwischendurch noch ein paar Möbel durch die Gegend tragen und zum Edeka, schrieben sie schon in frühen Tagen eine Wunschliste für die Zeit, sollte einmal Kapital vorhanden sein. Ganz oben auf der Liste: „Ein Regal. Und ein Staubsauger.“
Kein Besteck
Achso: Es gab nicht nur keine Möbel und keine Küche, sondern auch kaum Teller und Gläser. Alle Getränke wurden aus geschenkten Pils-Gläsern ausgeschenkt, ganz egal ob Wasser oder Wein. Alle ca. 30 Teller waren verschieden, und wenn sie aus waren, gab es halt keine mehr. Während der Biergarten in toller Lage fleißig Leute anzog, waren die 12 Löffel im Bestand oft schon nach 30 Minuten vergriffen. Die Eröffnung war im Mai 2008, es wurden direkt die Pfingstferien unterschätzt, als die junge „Bar mit Gemüsesticks und Hackbällchen“ fast überrannt wurde. Waren die Teller aus, gab es halt keine Teller mehr.
Irgendwann wurde es aber Herbst, und mit weniger Gästen kam mehr Bedarf nach einer neuen Idee auf. Ein Kunde brachte schließlich das nötige Stichwort: Burger, das wäre doch eine tolle Sache. Aber wie macht man Burger? Unter anderem auf einem Kindergeburtstag wurde ausprobiert, welche Kombination wohl schmecken könnte. Der erste Abend mit wirklichem Essen war laut Matze und Jens ein unglaublicher Stress und Gerenne, obwohl sie nur ganze 8 Stück verkauften. Noch dazu waren Burger am Anfang in Konstanz noch weit weniger bekannt, viele Leute sahen das DOM nur als „sowas wie McDonalds“. Ein Kunde war sogar so unvertraut mit Burgern, dass er, in freudiger Erwartung eines Restaurants mit „Bürger“-Maultaschen, trotzig wieder abzog. Trotzdem reichte es irgendwann zum ersten eigenen Kühlschrank.
Selfmade
Während Matze noch gemeinsam mit seinem 20cm Röhrenfernseher hin und wieder im DOM schlief, wurde auch die erste Aushilfe eingestellt, die praktischerweise Kommunikationsdesign-Studentin an der HTWG war. Sie konnte einen ersten Flyer entwerfen, der dann persönlich in der ganzen Stadt verteilt wurde, um mehr Aufmerksamkeit auf die neuen Burger zu lenken. Wenn man mit den beiden im Gespräch ist, glaubt man ihnen aufs Wort, wenn sie sagen: „Wir haben immer alles für das Restaurant gegeben“. Erstaunlich dabei: Von Anfang an (Auch wenn das zu Edeka-Zeiten nur bedingt möglich war) wollten sie gerne ökologische Produkte anbieten, obwohl Bio damals noch Lange nicht so in Mode war wie heutzutage.
Die gesamte Inneneinrichtung des DOM ist selbstgemacht, Tische und Bänke sind von Jens Bruder geschreinert, die dekorierte Wand auf der rechten Seite wurde alleine komplett renoviert, nachdem die alte Wand bei der Fasnet 2010 komplett ruiniert und teilweise abgerissen wurde. Nachdem 2011, nach drei langen Jahren, schließlich ein erster Euro Gewinn verdient war, wurde dieser natürlich direkt reinvestiert: In ein Regal. 2012 kam schließlich die ebenfalls selbstgebaute Bar, die Stehtische und die Spiegelwand hinzu.
Lieferanten
Ab 2014 konnte schließlich auch tatsächlich mehr darauf geachtet werden, mit welchen Lieferanten man zusammenarbeitet. Alle Lieferanten, sogar bis nach Irland, wurden von Matze und Jens persönlich besucht, später wurden auch Transportwege mit in die Überlegungen einbezogen. Unter anderem wurde sogar, gemeinsam mit Silke Senft von der Senft Destillerie, ein Getränk entworfen: Der „Silli“, eine Art Weißweinschorle mit Zwetschgenlikör und Zitrone. Mit Marketing hatten es die beiden Gründer aber nach wie vor nicht so ganz: Auch nach drei Jahren wussten noch nicht einmal alle Mitarbeiter, dass das Getränk existiert, und selbst auf die Getränkekarte hatte es der Drink, obwohl offiziell im Angebot, noch nicht geschafft.
Jens und Matze, eine solche Geschichte schreibt wirklich nur das Leben. Ihr habt unseren allergrößten Respekt für die Geduld und Motivation, mit der ihr das DOM zu seinem heutigen Status gebracht, und unzählige große Schwierigkeiten durchlebt habt. Bleibt genau so authentisch wie ihr seid!